Remote-Teams: 7 Regeln für erfolgreiches Remote-Leadership

Autoren
  • Gerrit Noppel

Ein Projekt, fünf Mitarbeiter, drei Zeitzonen. Keine Seltenheit in Remote-Teams. Ortsunabhängig arbeiten bietet viele Vorteile, aber es stellt auch ganz neue Herausforderungen an Führungskräfte. Wir geben dir 7 Tipps, wie du dein virtuelles Team noch erfolgreicher machst. Denn neben den passenden Tools brauchst du noch einiges mehr, um dein Team erfolgreich zu managen – zum Beispiel Vertrauen …

Aufstieg der Remote-Arbeit

Homeoffice (oder auch Telearbeit) ist laut einer Umfrage im Auftrag des Digitalverbandes Bitcom bereits in 40 Prozent der deutschen Unternehmen gängige Praxis. Tendenz steigend. Bei Friendventure existiert bereits seit Gründung die Möglichkeit des ort- und zeitunabhängigen Arbeitens. Dennoch sind wir kein 100-Prozent-Remote-Team, da wir unseren Mitarbeitern die freie Wahl lassen, ob sie im Büro oder an einem anderen Ort arbeiten möchten. In der Praxis haben wir einige Mitarbeiter, die komplett remote arbeiten, und andere, die klassisch im Büro sind, aber hin und wieder im Homeoffice arbeiten.

remote work

Wer noch einmal genau nachlesen möchte, wie wir ortsunabhängig arbeiten, dem sei unser Blogartikel Homeoffice 2.0: Warum wir unseren Arbeitsplatz frei wählen ans Herz gelegt.

Natürlich ist die technologische Entwicklung absolute Grundlage dafür, dass mobiles Arbeiten überhaupt funktioniert. Internet und Tools erlauben uns die Arbeit sogar über Zeitzonen hinweg. Natürlich kann nicht jeder Job im Homeoffice erledigt werden …

Großer Treiber der zeit- und ortsunabhängigen Arbeit ist das Mindset der Millennials und Generation Y. Diese Generation hat sich mittlerweile fest im Arbeitsmarkt etabliert, sodass ihre Ideen und Wünsche Einzug in die Unternehmenskultur finden. Der Wunsch nach Freiheit, Sinnstiftung und Selbstverwirklichung charakterisiert die Generation Y. Der Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit ist ein sehr wichtigstes Anliegen. Frei nach dem Motto: Leben um zu arbeiten, nicht arbeiten um zu leben.

Hinzu kommen die horrenden Mieten in den Großstädten, die Menschen dazu bewegen, sich an alternativen Standorten niederzulassen oder gar als digitale Nomaden Fuß zu fassen. Digitale Nomaden sind zur Zeit zwar noch eine Randerscheinung auf dem Arbeitsmarkt, aber immer mehr junge Menschen fühlen sich in den Strukturen von Großunternehmen nicht mehr wirklich wohl und arbeiten lieber als Freelancer oder bereisen nebenbei die Welt.

Es lässt sich festhalten: Die Remote-Arbeit in deutschen Unternehmen wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Die Frage „Welche Erfahrungen haben Sie in Remote-Teams?“ könnte schon bald zum Standardrepertoire im Personalmanagement werden.

Vorteile der Remote-Arbeit

Die Vorteile von Remote Work sind vielfältig: ein hohes Maß an Flexibilität, keine Staus auf der Autobahn, keine überfüllten Bahnen und keine Hetze am Morgen. Laut einer Studie von TINYpulse sollen Remote-Arbeiter zufriedener im Job sein als ihre Bürokollegen, motivierter arbeiten und sogar seltener krank sein. Wenn der Arbeitnehmer nicht das Gefühl hat, immer und ständig erreichbar sein zu müssen, und Privat- und Berufsleben nicht miteinander verschmelzen, sinkt auch das Stresslevel.

Auf Unternehmensseite gibt es ebenfalls zahlreiche Vorteile: Das Unternehmen kann in einem viel größeren Talentpool nach neuen Mitarbeitern suchen und ist nicht nur auf die Bewerber aus der lokalen Umgebung angewiesen. Gerade bei einer sehr speziellen Expertise ist das von großem Vorteil! Somit können Talente integriert werden, die aufgrund räumlicher Distanz ansonsten nicht verfügbar wären. Nebenbei spart das Unternehmen durch Remote-Arbeiter Kosten, denn die komplette Office-Infrastruktur fällt für Remote-Arbeiter weg. Laut einer Stanford-Studie können Unternehmen jährlich ca. 2.000 US-Dollar durch einen 100-prozentigen Homeoffice-Arbeiter einsparen.

Herausforderungen von Remote-Teams

Trotz der zahlreichen Vorteile durch die mobile Arbeit gibt es auch eine Menge Herausforderungen, wenn nicht alle Mitarbeiter physisch am gleichen Ort sind. So kann sich die Produktivität durch zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten erhöhen, bei schlechter Organisation und fehlender Führung kann aber auch Gegenteiliges eintreten. Wie kannst du Remote Leadership also umsetzen, wenn deine Mitarbeiter mobil arbeiten?

#1 Arbeitsorganisation

Aufgaben auf Zuruf verteilen oder mal schnell mit dem Bürokollegen Projekt X besprechen – all das funktioniert im virtuellen Büro nicht. Das muss aber nicht unbedingt ein Nachteil sein, denn häufige Arbeitsunterbrechungen durch kurze Besprechungen bringen uns immer wieder aus dem Arbeitsrhythmus. Und weniger mündliche Ad-hoc-Gespräche zwischen Tür und Angel erlauben, Prozesse und Aufgabenverteilungen besser zu strukturieren und zu organisieren.

Obwohl immer eine Vielzahl an Mitarbeitern im Büro ist, funktioniert unser Projektmanagement komplett digital. Hierzu nutzen wir Asana als klassisches Projektmanagementtool. Mit Asana können Tasks zugewiesen, diskutiert und dokumentiert werden. Mit Asana lassen sich Projektfortschritt und Ressourcen-Management – häufig Schwachpunkte von Remote-Teams – genauso gut handhaben wie bei Präsenz-Teams.

Natürlich besprechen wir kleine Projektdetails auch mal über den Instant-Messaging-Dienst Slack oder – bei Anwesenheit – auch im Büro. Doch der Vorteil der digitalen Kommunikation ist, dass der Empfänger sich aussuchen kann, wann er auf die Nachricht reagiert. Nicht umsonst raten viele Experten dazu, E-Mails nur dreimal am Tag abzurufen. Wenn es mal wirklich schnell gehen sollte oder wirklich komplizierte Sachverhalten zu klären sind, greifen wir auch zum Hörer oder suchen das direkte Gespräch.

#2 Nähe muss geschaffen werden

In Büros ist die Kaffeemaschine häufig zentrale Anlaufstelle für Klatsch und Tratsch. Hier tauscht man sich über den kommenden Urlaub, die gestrige Party oder über neue Ideen für das kommende Projekt aus – ganz informell. Komplette Remote-Teams haben diesen Spot nicht, der Nähe, Vertrauen und ein gegenseitiges Kennenlernen ermöglicht. Der persönliche Austausch untereinander ist in virtuellen Teams ohnehin schwieriger als in Präsenz-Teams, wodurch sich Vertrauen langsamer aufbaut. Heute wissen wir, dass gerade gegenseitiges Vertrauen einer der wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Menschen ist. Wir können erst dann wirklich produktiv zusammenarbeiten, wenn wir unser Gegenüber kennenlernen und uns von seiner Aufrichtigkeit und Verlässlichkeit überzeugen konnten.

Unser Vorteil: Wir haben ein Büro UND eine Kaffeemaschine! Die Unternehmenskultur entsteht eben nur im Büro – es bleibt wichtiger Treffpunkt. Ob gemeinsames Mittagessen, zusammen Kochen oder Kaffeepause – bei uns herrscht eine sehr lockere Gesprächsatmosphäre, die das gegenseitige Kennenlernen fördert.

Damit die Remote-Arbeiter auch eingebunden werden, gibt es bei Friendventure eine ganze Reihe von Events und gemeinsamen Treffen. Wir veranstalten neben der Weihnachtsfeier gemeinsame Grill- und Glühweinabende, Escape-Room-Besuche, Film-Abende und unsere jährliche Workation. Bei all diesen Events kommen unsere Mitarbeiter zusammen, um gemeinsam Zeit miteinander zu verbringen. Solche Teamevents machen einfach Spaß und steigern nebenbei das “Wir-Gefühl” in der Agentur. Es erinnert daran, dass wir alle an einem gemeinsamen Projekt arbeiten, auch wenn wir nicht alle im gleichen Büro sitzen.

Gerade in komplett virtuellen Teams raten wir zu regelmäßigen Treffen, wenn die Entfernungen es zulassen. Einmal das gesamte Team beisammen zu haben, hat einen enorm positiven Effekt auf das Arbeitsklima und die Bindung zwischen den Mitarbeitern.

#3 Einarbeitung

Remote-Arbeiter sind aufgrund ihrer Nichtanwesenheit per se nicht so stark in die Unternehmensstruktur eingebunden. Sie können nicht einfach den Sitznachbarn fragen oder beim gemeinsamen Mittagessen zusätzliche Infos über Arbeitsabläufe erhalten. Flurfunk, die tägliche Diskussion über Projekte, Arbeitsstrukturen und -mechanismen fallen weg. Gerade am Anfang haben Remote-Arbeiter mit einem starken Informationsdefizit zu tun, solange wir nicht aktiv gegenlenken.

Deshalb arbeiten wir unsere neuen Mitarbeiter vor Ort erst einmal in das Team und die Strukturen ein. So kann man sich gegenseitig kennenlernen und Vertrauen aufbauen. Wenn diese Einarbeitungszeit vorbei ist, steht dem ortsunabhängigen Arbeiten nichts mehr im Weg. Damit keine Informationsdefizite entstehen, nutzen wir Slack und Rundmails für Informationen, die für das gesamte Team relevant sind. So haben wir zum Beispiel die Slack-Channel #fanpost und #launched, sodass niemand positives Kundenfeedback für sein Projekt oder den Release der WordPress Website, an der er ein halbes Jahr gearbeitet hat, verpasst.

#4 Vertrauen

Remote arbeiten baut noch stärker auf Vertrauen auf als klassische Büroarbeit. Denn die Remote-Mitarbeiter sind schlichtweg nicht sichtbar für den Chef. Das bedeutet nicht, dass sie nicht arbeiten, aber wir glauben eben am meisten das, was wir mit unseren Augen sehen. Und wenn wir etwas nicht sehen, schlägt unser Gehirn Alarm. Gerade Chefs mit einem hohen Kontrollbedürfnis stoßen mit Homeoffice und Co. an ihre persönlichen Grenzen.

Hier hilft grundsätzlich ein Vertrauensvorschuss gegenüber den Mitarbeitern. Wer sich nicht kontrolliert fühlt, sondern gefördert und mit einem Aktionsradius ausgestattet, der zahlt diesen Vertrauensvorschuss mit Zuverlässigkeit und Loyalität zurück. Ausführliche Briefings und Feedbacks sowie regelmäßige Statusupdates helfen dabei, das Kontrollbedürfnis der Führungskräfte zu stillen.

Da wir ort- und zeitunabhängig arbeiten, basiert unser Arbeitsmodell ganz stark auf Vertrauen. Eine hohe Arbeitszufriedenheit und positives Kundenfeedback zeigen uns, dass wir genau auf dem richtigen Weg sind.

#5 Eigenverantwortung

Freiheit und Flexibilität auf der einen Seite bedeuten ein hohes Maß an Eigenverantwortung auf der anderen. Remote-Arbeiter sind für die Organisation ihres Arbeitstages in noch größerem Maße verantwortlich als Büromitarbeiter. Das Büro stellt für viele einen Rahmen dar, der Struktur und Halt bietet. Außerhalb des Büros existieren weniger Rahmenbedingungen, aber dafür haben Remote-Arbeiter die Freiheit, ihre Arbeitsumgebung vollkommen individuell zu gestalten. Wir sind der Überzeugung, dass es die beste Lösung ist, jedem Mitarbeiter die freie Wahl zu lassen, ob er ins Büro kommen möchte oder nicht. Je nach Persönlichkeitstyp kann sich bei Friendventure jeder seine optimale Arbeitsumgebung schaffen.

Diese Eigenverantwortung scheint sich auszuzahlen, denn eine Studie der renommierten Stanford-Universität hat herausgefunden, dass die Mitarbeiterfluktuation bei virtuellen Teams um 50 Prozent geringer ausfällt als bei Büro-Teams. Diese Erfahrung können wir bei Friendventure bestätigen.

#6 Die richtigen Remote Tools

Die passenden Tools sind in Remote-Teams Grundlage der ortsungebundenen Kommunikation. Sie ersetzen zwar keine Gesprächskultur im Unternehmen, aber sie sind ein wichtiger Unterstützer dieser.

Jedes Unternehmen hat individuelle Strukturen und braucht deshalb auch seine eigene Auswahl an Collaboration Tools. Einige Tools sind einfach die Grundlage für Remote Work. Deshalb haben wir eine Liste mit den wichtigsten Remote Tools zusammengestellt:

Slack als internes Kommunikationstool eignet sich wunderbar, um Ideen und Vorschläge zu diskutieren, um Kollegen nach Hilfe zu fragen oder einfach nur um sich auszutauschen. Denn Slack ist nicht nur für die arbeitsrelevante Kommunikation geeignet, sondern auch für persönliche, witzige und spannende Inhalte.

Time-Tracking ist gerade für virtuelle Teams als Arbeitsnachweis wichtig. Mit Harvest nutzen wir ein Tool, das eine Übersicht über alle abgeleisteten Stunden und die dazugehörigen Projekte liefert.

Wenn du nachlesen möchtest, welche Tools wir als Digitalagentur nutzen, kannst du dies im Blogbeitrag Diese 8 Digital Tools sind im Agenturalltag unverzichtbar tun.

#7 Misskommunikation

Heutzutage ist es schlichtweg unmöglich auf WhatsApp, E-Mail oder Chat zu verzichten. Das heißt aber auch, dass es permanent möglich ist, den anderen misszuverstehen oder missverstanden zu werden. Wer sich schon mal mit seinem Partner über WhatsApp gestritten hat, kann davon ein Liedchen singen … Im Arbeitskontext schreibt man in Stresssituationen gerne mal unvollständige Arbeitsanweisungen, liest die Mail nur halb und übersieht Wichtiges oder “redet” aneinander vorbei.

In der schriftlichen Kommunikation über Chats kommen solche Situationen natürlich häufiger vor. Hier fehlen uns die ansonsten vorhanden Gestiken, Mimiken und Tonalitäten eines Face-to-Face-Gesprächs. Uns stehen mittlerweile zwar eine ganze Bandbreite an Emoticons zur Verfügung, aber auch diese können zu Missverständnissen führen. Das Problem bei Remote-Teams ist, dass kleine Missverständnisse zu großen mutieren können, wenn sie nicht angesprochen werden und unter der Oberfläche brodeln.

Unsere Lösung lautet hier: Reden, reden, reden! Bei Missverständnissen solltest du nicht zögern, zum Handy zu greifen oder per Video-Chat zu quatschen. Oftmals lassen sich kleinere Konflikte schnell lösen. Dann hast du auch wieder mehr Zeit für das Wesentliche.

Fazit zu virtuellen Teams und zur Zukunft ortsunabhängiger Arbeit

Das mobile Arbeiten ist ein Segen für Pendler, Freiheitsliebende, Digital Nomads und Kreative. Doch diese neue Arbeitswelt bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich. Natürlich stehen wir noch ganz am Anfang der Remote-Entwicklung. Unternehmen müssen hier noch einiges lernen. Auch wir befinden uns in einem ständigen Verbesserungsprozess, was unser Arbeitsmodell angeht.

Einige wenige Unternehmen vollzogen eine komplette Kehrtwende in der Remote-Arbeit. So haben Yahoo (2013) und IBM (2017) das Homeoffice komplett abgeschafft. Die radikale Streichung der Remote-Arbeit bei Yahoo war für viele Mitarbeiter und Experten eine längst überkommene Form von Misstrauenskultur, Kontrollwahn und Führungsversagen. Die Wahrnehmung als modernes Internet-Unternehmen sieht wahrlich anders aus. Von den Auswirkungen auf die Arbeitgebermarke ganz zu schweigen …

Vieles deutet darauf hin, dass Yahoo und IBM rückschrittig handeln und dass Remote-Arbeit das Modell der Zukunft ist. Ortsunabhängiges Arbeiten ist allerdings kein Allheilmittel. Gerade Remote-Arbeiter müssen noch viel enger in die Unternehmenskultur eingebunden werden. Menschen brauchen Ziele und vor allem zwischenmenschliche Beziehungen. Gerade Letztere sind kein nettes Beiwerk, sondern essenzieller Erfolgsfaktor für das ganze Unternehmen. Genau hier ist Remote Leadership gefragt!

Zum Weiterlesen:

Julian hat für das raidboxes-Magazin einen umfassenden Artikel zum Thema Remote-Leadership verfasst. Hier stellt er die Frage, ob ein Chef eigentlich immer anwesend sein muss und findet hierauf auch eine klare Antwort. Denn als Digital Nomad ist Julian viel unterwegs …

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  • Über Gerrit Noppel

    Gerrit brennt für Content Marketing und SEO. Leidenschaftlich gern schreibt er zu Themen wie New Work, Organisationsentwicklung und Marketing. Sein Interesse gilt außerdem der Europa- und Netzpolitik.

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